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Die Anbindung der Region Jura an das Strassenverkehrsnetz

Der Jura grenzt direkt an mehrere wichtige europäische Verkehrsachsen:
- Im Norden führt die Rhein-Rhone-Achse über die Burgundische Pforte von Südfrankreich zur Oberrheinischen Tiefebene
- Entlang des Jurasüdfusses verläuft die Mittelland-Achse vom Genfer- zum Bodensee, welche Südfrankreich mit Mitteleuropa verbindet.
- Der Weg über den Grossen Sankt Bernhard und den Col de Jougne verbindet Italien mit Nordfrankreich.
- Die Verbindung Gotthard-Hauenstein (seit Beginn des 13. Jh.) führt von Italien zur Oberrheinischen Tiefebene.

Inmitten dieser Art von Viereck, das die Versorgung gewährleistet, erhebt sich der Jura als eher schlecht passierbares Gebirge. Doch auch hier verläuft eine Nord-Süd-Verbindungsachse über den Pierre-Pertius, Belfort bis zum Mittelland. Das Potential dieser Verbindung konnte im Verlauf der Geschichte teilweise ausgebaut werden, so dass die Verlängerung über das Berner Oberland und den Simplonpass bis nach Italien führt.
Dieser Beitrag befasst sich nicht mit den Fluss- und Seerouten, doch darf man nicht vergessen, dass vor der Erfindung der Eisenbahn ein Grossteil des Güterverkehrs über Wasserfahrwege abgewickelt wurde.

Alle Wege führen nach Rom
Die Römer erschlossen dank ihrer Ingenieurskunst einen Grossteil von Europa mit einem ausgeklügelten Strassennetz. Die oben aufgeführten Achsen wurden alle bereits durch dieses Netz abgedeckt – mit dem Unterschied, dass statt dem Gotthard damals die Graubündner Pässe als Tor zum Süden dienten. Was die Erschliessung des Juragebirges anbelangt, so war der Col de Jougne vor dem Hauenstein der am meisten befahrene Pass. An dritter Stelle stand der Pierre-Pertius.
Im 1. Jh. n. Chr. deckte die transjurassische Römerstrasse die Strecke Pruntrut - Les Rangiers - Glovelier - Lajoux - Tavannes - Pierre-Pertuis - Biel (Studen/Petinesca) ab. Von Pruntrut aus führten diverse Verzweigungen weiter in Richtung von Ortschaften entlang der Rhein-Rhone-Achse (Besançon/Vesontio, Mandeure/Epomanduodurum, Augst /Augusta Raurica). Von Glovelier aus führte eine Linie das Sorne- und Birstal hinunter über Delsberg nach Basel/Augst. Nach dem Ende der Römerzeit war der Unterhalt dieses internen Verbindungsnetzes nicht mehr gewährleistet.

Geopolitik und Steuerwettbewerb
Aufgrund des Systems der Strassenzölle kam den Verkehrsrouten im Mittelalter und unter dem Ancien Régime eine hohe Bedeutung zu. Bei der Einteilung des Territoriums in Schweizer Kantonsgebiete spielte die Verkehrsführung daher eine grosse geopolitische Rolle.
Im 13. und 14. Jh. setzte dank der Öffnung des Gotthardpasses an der Passroute und in deren Verlängerungen in Richtung Basel und Milano ein wirtschaftliches Wachstum ein. Um diese Route herum bildeten Zürich und die Innerschweizer Kantone eine Interessensgemeinschaft, die ab dem 15. Jh. mit Militärgewalt gemeinsame Vogteien im Tessin errichtete.
Auf der anderen Seite stand Bern, das mit seiner energischen Expansionspolitik seit dem 14. Jh. sein Interesse an einer Nord-Süd-Achse auf seinem Gebiet bekundete. Es nahm nach und nach das Oberland in Richtung der Pässe (Gemmipass, Lötschenpass und Grimsel) sowie die Gebiete, die es von Biel trennten, in Besitz. Doch dieser Entwicklung konnte gegen 1420 das Wallis, unterstützt von den Innerschweizer Kantonen, einen Riegel schieben. Im Norden geboten die Basler Bischöfe dem Berner Gebietshunger Einhalt, trotz der Aufnahme von Bellelay, Moutier und La Neuvevilledes in das Berner Burgrecht. Auf der Ost-West-Achse zeitigte die Berner Expansionspolitik mehr Erfolg. Mit der Eroberung des Aargaus um 1415 konnte es an den Routen teilhaben, die vom Gotthard und den Bündner Pässen herführten, sowie die weiterführenden Verbindungen in Richtung Basel, besonders jene über den Hauenstein, kontrollieren. 1536 erlaubte es die Eroberung des Waadtlands Bern, auch die Route zwischen dem Col de Jougne und dem Grossen Sankt Bernhard zu kontrollieren. Die Bischöfe von Basel standen auf ihrem Gebiet in Konkurrenz zu Bern, Solothurn und ihrer eigenen Bischofsstadt und vermochten nicht, sich ihr Stück vom Kuchen abzuschneiden. Gegen Ende des Mittelalters verloren sie den Hauenstein und die transjurassische Verbindung Pruntrut-Biel eignete sich nicht für den Warenverkehr.

Clément Crevoisier, 25/08/2015
Übersetzung: Kiki Lutz, 18/09/2015

Bibliografie

Atlas de l’aménagement, canton de Berne. Troisième livraison : bases historiques de l’aménagement, Bern: Office cantonal du plan d’aménagement, 1973
Clément Crevoisier, Le factotum des princes, Pierre-François Paris, Lizentiatsarbeit, Universität Lausanne, 2001
Dictionnaire historique de la Suisse : www.dhs.ch
Inventaire des voies de communication historiques de la Suisse : www.ivs.admin.ch
François Kohler, Le réseau routier jurassien et la Transjurane, Approche historique, Delsberg : A16 info, 2005
Rolf Peter Tanner, Geopolitische Dynamik und Verkehr im Fürstbistum Basel von der Antike bis zum Eisenbahnbau, Bern : Geographica Bernensia, 2007