Gerster, Franz Joseph Ferdinand (1829-1880)
Am 15. Mai 1848 beteiligte er sich als Soldat an seiner ersten blutigen Strassenschlacht gegen Aufständische in Neapel. Am 7. September desselben Jahres erkämpfte das 4. Schweizerregiment im Dienst der Monarchie südlich von Messina den Zugang zur Stadt gegen die Revolutionäre. G. wurde daraufhin zum Korporal befördert. Der Kriegszug des Königreichs führte ihn weiter der Küste entlang zur Eroberung von Taormina bis nach Catania. Dort fiel er beim Sturm auf eine Seitenstrasse dem General auf und wurde für seinen Einsatz am 20. Dezember 1849 mit der silberner Tapferkeitsmedaille 3. Klasse ausgezeichnet. Am 16. April 1852 wurde er zum Feldweibel befördert.
Im Sommer 1853 machte G. Urlaub in seiner Heimat. Prompt wurde er von den Behörden aufgefordert, die noch ausstehende Busse von 30 Franken zu bezahlen oder im Gefängnis einzusitzen. Sein Einwand, das Vergehen sei verjährt, wurde vom Appellations- und Kassationshof in Bern abgewiesen. Als die Bestätigung des Urteils am 17. Oktober 1853 erging, befand sich G. jedoch schon wieder in Süditalien.
Er wurde zum Adjutant und Unteroffizier befördert und diente ab 1855 im 4. Schweizerregiment unter Oberst Albert von Wyttenbach. Dort traf er den jurassischen Priester Jean-Pierre Bélet, der – ebenfalls ein früherer Insasse eines Berner Gefängnisses – nun als Feldprediger auch in neapoletanischen Diensten stand.
Im Herbst 1857 kehrte G. nach Laufen zurück und heiratete. 1869 übernahm er mit seiner Frau und mit der Unterstützung ihrer Eltern das Wirtshaus zum «Lamm» in Laufen, dem auch ein Kolonialwarengeschäft und ein kleiner Landwirtschaftsbetrieb angegliedert waren.
Ab 1862 stand G. als Instruktor im Dienst der im Aufbau befindlichen schweizerischen Milizarmee. Er erklomm rasch die militärische Karriereleiter und wurde 1870 zum Major der Infanterie der Schweizer Armee befördert. Die Grenzbesetzung von 1870/71 erlebte er als Hauptmann mit und ab 1872 kommandierte er das Laufner Infanterie-Bataillon 96 – die Beförderungsschreiben erfolgten mit Unterschrift der Behörden des Kantons Bern, der G. seine separatistischen Umtriebe in Jugendjahren offenbar verziehen hatte.
G. war ausserdem von 1857 bis 1863 Gemeindeschreiber und ab 1864 Grundsteuereinnehmer von Laufen, ab 1872 vom gesamten Amtsbezirk Laufen sowie von 1861 bis 1868 Kassier der Burgergemeinde Laufen-Stadt. Als Präsident der neu geschaffenen Einwohnergemeinde Laufen und als Kirchgemeindepräsident war er an wichtigen Reformgeschäften (Güterausscheidungen) beteiligt.
Der Kulturkampf führte für G. zu einem harten Karriereknick. Seine Frau Josephine hatte ihn nach langen Auseinandersetzungen davon überzeugt, entgegen dem mehrheitlichen Trend in Laufen römisch-katholisch zu bleiben. G.s Laufbahn im öffentlichen Dienst und im Militär konnte nach diesem Entscheid nicht mehr fortgesetzt werden und der blühende Gastbetrieb wurde von der Kundschaft jetzt gemieden. Die Familie musste sich vermehrt auf den Landwirtschaftsbetrieb konzentrieren. Erst die Eröffnung der Eisenbahnlinie Delle-Delsberg-Basel 1875 brachte die Gäste zurück und die Industrialisierung im Tal in Gange - das «Lamm» wurde insbesondere bei französisch- und italienischsprachigen Gästen beliebt, weil man dort ihre Sprache sprach.
Ab 1877 litt G. an einer Demenzkrankheit und wurde pflegebedürftig. Er starb drei Jahre später im Alter von 51 Jahren.
Kiki Lutz, 6/12/2011
Letzte Aktualisierung: 26/05/2014
Bibliografie
Biolex Personenlexikon des Kantons Basel-Landschaft, Online-Version (Stand 10.11.2011): http://www.baselland.ch/GERSTER_Joseph-F-htm.293329.0.html
Giuseppe Gerster, Joseph Ferdinand Gerster – ein Burger von Laufen-Stadt im 19. Jahrhundert, Laufen 2012
Nordschweiz, 7. Mai 1990
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