Steinhauerei im Laufental

Das Steinhauerei-Gewerbe prägte Wirtschaft, Kultur, Landschaft und Gesellschaft des Laufentals über Jahrhunderte und spielte eine wichtige Vorreiterrolle bei der Industrialisierung und Gestaltung des modernen Charakters dieser Gegend.

Voraussetzungen
Die rund 150 Millionen Jahre alten Kalk-Ablagerungen des Urmittelmeers – von denen zahlreiche Versteinerungen zeugen – und die Jurafaltung vor ca. 8 Millionen Jahren formten das reiche Vorkommen des für das Laufental typischen hellen, sog. «oolithischen» Kalksteins, der zum wichtigsten Roh- und Werkstoff der späteren Steinhauerbetriebe wurde. Über Jahrhunderte und z.T. bis heute werden im Laufental der sog. «Laufener Stein» und der «Liesberger Stein» (heller körniger Jurakalk) sowie der rötliche Kalkstein aus der Nähe von Röschenz abgetragen und verarbeitet. Die im Laufental typischerweise horizontal verlaufenden Gesteinsschichten (sog. «Bänke») mit ihren unterschiedlichen Beschaffenheiten bieten dafür ideale Voraussetzungen. Der eher weiche Stein ist gut behaubar und äusserst frostresistent, was ihn je nach Schicht für vielseitige Nutzungen wie Mauern, Fensterstürze, Torrahmen, Grabsteine, Skulpturen und besonders Brunnen geeignet macht.

Steinzeit, Römerzeit, Mittelalter
In der Steinzeit wurden im Laufental (wie anderswo auch) besonders Kleinobjekte aus Silex hergestellt. Im hinteren Lützeltal bei der Löwenburg wurde ein Silex-Steinbruch gefunden. Kalkstein wurde ebenfalls verwendet – allerdings in unbehauenem Zustand (so für das Dolmengrab in Laufen).
Erst die Römer (1.-4. Jh. n. Chr.) betrieben Kalksteinbrüche im Laufental, darunter einen grösseren bei Dittingen, wo u.a. Teile von Säulen für den Bau einer Villa gefunden wurden. Es gibt zahlreiche weitere Zeugnisse der Verwendung von Birstaler Kalkstein durch die Römer an Kunst- und Bauwerken in der Region, u.a. in Augusta Raurica, auf dem Basler Münsterhügel und bei der Befestigung auf dem Stürmenkopf.
Für die Zeit der alemannischen Besiedlung im Laufental fehlen Nachweise grösserer Steinhauer-Aktivitäten. Erst im Verlauf des Mittelalters, als es zur Gründung von Städten und vermehrt zu Kirchenbauten kam, erwachte offenbar in der Region das handwerkliche Steinhauer-Wissen wieder. Doch konzentrierte es sich vor allem auf die städtischen Zentren wie Basel, das in dieser Phase jedoch den für die Altstadt charakteristischen roten Sandstein aus Riehen und Inzlingen bezog. Dies führte zur Entwicklung eines gut organisierten und gesellschaftlich bedeutenden städtischen Zunfthandwerks. Ähnliches ist für das Laufental in jener Zeit nicht verbürgt. Steine in lokalen Kirchen, Häusern und der Laufener Stadtmauer belegen jedoch, dass neben Tuffstein auch Laufentaler Kalkstein abgebaut, verarbeitet und/oder aus früheren Gebäuden geholt und verbaut wurde. Die zahlreichen mittelalterlichen Burgen im Laufental sind ebenfalls aus Laufentaler Kalkstein errichtet, die Steinbrüche dafür wurden meist ad hoc und gleich vor Ort bei der Baustelle betrieben. Die im Mittelalter verwendeten Steine stammten aus den oberen «Bänken» mit eher weicherem Gestein.

Später Aufschwung und Blütezeit
Vieles deutet darauf hin, dass im Laufental bis ins späte 18. Jh. kein eigentliches Steinhauereigewerbe entstand. Bauhandwerker und Bauern führten die für ihre Häuser notwendigen Arbeiten selbst aus. Für grössere Gemeinschaftsarbeiten reisten Steinhauer von auswärts an. Erst ab Mitte des 18. Jh., als die Handwerksberufe generell zunahmen, tauchen in den Quellen Personen mit der Berufsbezeichnung Steinhauer auf. In der ersten Hälfte des 19. Jh. entstand durch die Verbesserung der Infrastruktur mit neuen Schulhäusern, Brunnen und Strassen etc. eine erhöhte Nachfrage nach Laufentaler Kalkstein und die Steinhauer bedienten bald einen regionalen Markt bis ins Birseck, ins Leimental und ins Markgräflerland. Ab den 1850er Jahren verlangten die Laufentaler Gemeinden vermehrt Geld für «Verlehungen» zur Ausbeutung der Steinbrüche auf ihrem Gebiet.
Der grosse Aufschwung des Steinhauergewerbes und die Entwicklung hin zur Stein-Industrie erfolgten in den letzten Jahrzehnten des 19. Jh. und fanden in der ländlichen Gegend gute Voraussetzungen: Arbeitskräfte für den industriell organisierten aber manuell ausgeführten Arbeitsprozess waren zahlreich vorhanden (das Laufental war damals Auswanderergebiet) und konnten einfach angelernt werden; ausserdem waren für den Betriebsaufbau in den Steinbrüchen vergleichsweise niedere Investitionssummen nötig. Der stärkste Anschub ergab sich für das gut erschlossene und ab 1875 mit der Jura-Bahnlinie verbundene Laufental aus der Nähe zur Stadt Basel, die in jener Zeit weit über die Stadtmauern hinauswuchs und riesige Mengen an Baumaterialien benötigte. Viele Familien, die vom Bauern- und Heimwerkerinnen-Einkommen nicht mehr leben konnten, fanden in der Steinhauerei ein Auskommen (so waren beispielsweise 1878 bereits mehr als ein Drittel der Stimmbürger des "Steinhauer-Dorfes" Röschenz in den Steinbrüchen beschäftigt). Bis 1880 wurden zahlreiche neue Steinbrüche eröffnet und um 1900 gab es fast in jeder Laufentaler Gemeinde einen Steinbruch, die grössten im Schachental bei Dittingen.
Ende des 19. Jh. entwickelten Laufentaler Steinbruch-Betreiber, allen voran Ignaz Cueni, neue Abbaumethoden, Rationalisierungen und Verkaufsstrategien. Der wachsende Konkurrenzdruck führte dazu, dass kleinere Betriebe sich den grossen Trendsettern anschliessen mussten, wie der Cueni&Cie oder den Jurassischen Steinbrüchen AG. Auswärtige Grossbetriebe wie Frey und Friedrich aus Basel oder Glanzmann aus Delsberg behaupteten sich ebenfalls.

Kiki Lutz, 27/02/2012
Letzte Aktualisierung: 30/01/2013

Bibliografie

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