Ziegler Papier AG, Grellingen
1972 wurde die Produktion von gestrichenem Papier von der verlustreichen Auslagerung in Herisau nach Grellingen verlegt. Das Werk in Herisau wurde verkauft. Im weiteren Verlauf der 1970er Jahre fand die Firma keinen Ausweg aus den Schwierigkeiten. 1973 führte ein Hochwasser der Birs zu Schäden, später gab es Probleme wegen der Ölkrise und der Rezession. Doch auch in den Folgejahren konnte die Firma den Investitionsbedarf, die wachsenden Anforderungen der Umweltvorschriften und die enge Personal-Lage (Konkurrentin auf dem Markt für Fachkräfte war vor allem die chemische Industrie) kaum meistern. Es musste zeitweise Kurzarbeit eingeführt werden und es kam zu Personalabbau. 1975 trat Robert Ziegler-Fritzsche (Firmeneintritt 1962) der Geschäftsleitung bei. 1976 erfolgte die Trennung der patronalen Wohlfahrtsstiftung von der Albert Ziegler-Stiftung. Am Ende des Jahrzehnts befand sich das Unternehmen in verzweifelter finanzieller Schieflage und es wurde nach Käufern Ausschau gehalten.
Erst die fünfte Generation konnte das Familienunternehmen aus den Schwierigkeiten führen. 1981 übernahmen Urs Ziegler-Abderhalden und sein Cousin Bernhard Ziegler-Mroczyk die Geschäftsleitung. Innert fünf Jahren erreichten sie, dass das Unternehmen wieder schwarze Zahlen schrieb und schuldenfrei dastand. Mit den Banken erarbeiteten sie ein rigoroses Restrukturierungsprogramm, das 50 der damals 350 Angestellten den Arbeitsplatz kostete. Nicht betriebsnotwendige Immobilien wurden abgestossen. Wegweisend für den nachhaltigen Erfolg der Sanierung war vor allem die Internationalisierung und die Neuausrichtung des Produktionsschwerpunktes weg von der Massenware und hin zu qualitativ hochstehendem Spezialpapier (z.B. Packungsbeilagen für die Pharmaindustrie, Basispapier für Tachoscheiben, grafische Produkte etc.), womit weltweit Nischenmärkte bedient wurden. Auch der Aufbau eines modernen Qualitätsmanagements ab 1984 und die Erhöhung der Produktivität trugen wesentlich zum Erfolg bei. 1986 wurde die alte Papiermaschine PM2 verkauft und die PM3 auf Vierschichtbetrieb 24 Stunden / 7 Tage pro Woche umgestellt. In der Folge wurden nochmals 50 Arbeitsplätze abgebaut. Ab 1986 stand die Z. auf soliden Beinen und war bereit für neue Investitionen. 1988 wurde der Name des Unternehmens von Papierfabrik Albert Ziegler AG in Ziegler Papier AG umgewandelt.
1989 verursachte die Betriebsumstellung auf säurefreies Papier zur Zerstörung der Biologie in der örtlichen Kläranlage und zog eine milde Verurteilung nach sich.1991 trat Albert Ziegler-Jermann als Verwaltungsratspräsident zurück und die beiden erfolgreichen Geschäftsleiter übernahmen das Präsidium im Vierjahresturnus. Die Z. blieb in den 1990er und 2000er Jahren auf Erfolgskurs und passte sich den Neuerungen und Anforderungen der Zeit an, u.a. 2005 mit der Erreichung der FSC-Standards für ökologische und nachhaltige Forstwirtschaft oder 2007 mit der Auslagerung und dem Verkauf der firmeneigenen Wasserkraftwerke. 1994 konnte die millionste Tonne Papier (an die Bundesverwaltung) geliefert werden und 1997 erhielt die Z. den Innovationspreis der Basellandschaftlichen Kantonalbank. 2000 kam es zur Gründung der Tochtergesellschaft Ziegler Papier US Inc. in Elk Grove Illinois USA, nachdem ein Grosskunde (Océ-Gruppe, heute Canon) die Beschichtung von Inkjet-Papieren in die USA verlagert hatte. Seit 2004 vergibt Ziegler Papier jährlich den «Ziegler's best art & print work»-Preis an Profis aus der Druck- und Designbranche. 2007 übernahm Thomas Ziegler-Boos, von Bernhard Ziegler-Mroczyk das Präsidium des Verwaltungsrats.
Am 24. Juli 2009 erwarben Philipp und Isabel Kuttler-Frey sämtliche Aktien der Z. rückwirkend per 1. Januar 2009. Daraufhin wurde der Verwaltungsrat neu zusammengestellt, wobei Bernhard Ziegler-Mrozcyk und Urs Ziegler-Abderhalden Mitglieder blieben. Verwaltungsratspräsident wurde René L. Frey, Vizepräsidentin Isabel Frey-Kuttler. Am 1. Januar 2010 übernahmen die neuen Besitzer auch die Geschäftsleitung. Eine Änderung der Statuten wurde nach der Übernahme notwendig, da diese stark auf die Grossfamilie Ziegler ausgerichtet waren. Das Manager-Ehepaar sah in der Übernahme jedoch keinen Bruch mit der Tradition eines Familienunternehmens, da sie keinen fremden Grosskonzern vertreten und die für Familienfirmen typische Charakteristik der Personalunion von Geschäftsleiter und Eigner weiterhin bestehen blieb.
2011 übernahm Philipp Kuttler-Frey das Präsidium des Verwaltungsrats von seinem Schwiegervater. Im gleichen Jahr wurde das 150-jährige Firmenjubiläum mit einem Mitarbeiterfest gefeiert.
Um 2012 zählte die Z. als einzige noch bestehende Papierfabrik im Laufental rund 180 Mitarbeitende im Tages- und Schichtbetrieb. Die Papiermaschine PM3 hatte eine jährliche Leistung von 72'000 Tonnen. Mehr als die Hälfte der Produktion wurde weltweit exportiert, wobei Europa den grössten Marktanteil stellte.
In den Jahren darauf machten dem Unternehmen Überkapazitäten, Preisdruck und der Wechselkurs zu schaffen. Innovations- und Effizienzsteigerungsprogramme wurden zwar umgesetzt, brachten aber nach eigenen Angaben der Firma nicht genug. Im Januar 2016 kündigte die Z. an, dass sie die Produktionsstätte für Fein- und Spezialpapiere in Grellingen per Ende April desselben Jahres schliessen und für die 100 betroffenen Angestellten einen Sozialplan ausarbeiten werde. Das Firmengelände soll umgenutzt werden.
Kiki Lutz, 26/03/2012
Letzte Aktualisierung: 10/03/2016
Archivbestände
SWA Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel, Dokumentensammlungen Ziegler Papier AG - Grellingen, Signatur: H + I Be 39 und Ziegler Siegfried (1882-1955), Signatur: Biogr. Ziegler, Siegfried
Bibliografie
Basler Zeitung, 18. November 2011, 12. August 2009
Basellandschaftliche Zeitung, 15. Februar 2011, 25. Januar 2007
Joseph Baumann et al.,100 Jahre Papierfabrik Albert Ziegler AG, Grellingen 1861-1961, Basel 1961
Biolex Personenlexikon des Kantons Basel-Landschaft, s.v. «Ziegler, Albert» und «Ziegler, Siegfried», Online-Version (Stand 02.02.2012): http://www.baselland.ch/main_z-htm.283480.0.html
Paul Dups, «Gedanken zum Firmenjubiläum», in Laufentaler Jahrbuch Nr. 2, 1987, S.98-99
René L. Frey (Hg.), Papier und Wir. Ziegler Papier. Spezialisierung und Innovation eines erfolgreichen Schweizer Familienunternehmens, Grellingen 2011
NZZ, 13.01.2016, Online-Version (Stand 10.03.2016)
www.srf.ch, 13.01.2016
Ziegler Papier AG, Website (Stand 29.02.2012, 13.01.2016): www.zieglerpapier.com
Link: http://www.zieglerpapier.com/
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